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Der Lehrermangel an deutschen Schulen: Auswirkungen, Quereinstieg und Herausforderungen der Zukunft

Aktualisiert: vor 19 Stunden

Der Lehrermangel an deutschen Schulen entwickelt sich zu einer immer größeren Herausforderung für das Bildungssystem. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2022 werden bis 2030 bundesweit etwa 25.000 Lehrer fehlen – eine Lücke, die nicht nur kurzfristige Folgen für den Schulalltag, sondern auch langfristige Auswirkungen auf das gesamte gesellschaftliche Gefüge haben könnte.


Erster Effekt des Lehrermangels zeigt sich in den Klassengrößen

Immer häufiger müssen Schulen ihre Klassen vergrößern, um den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten. Durchschnittlich sitzen heute 25 bis 30 Schüler in einer Klasse. Lehrer haben zunehmend weniger Zeit, sich den individuellen Bedürfnissen ihrer Schüler zu widmen. Hinzu kommt der Unterrichtsausfall: In vielen Schulen fällt ein erheblicher Teil der Stunden aus, oder die Lehrer unterrichten Fächer, für die sie gar nicht ausgebildet sind. Dies führt dazu, dass insbesondere in Fächern wie Mathematik, Informatik oder Naturwissenschaften grundlegendes Fachwissen oft nur unzureichend vermittelt wird.

Die Lehrer, die noch im System sind, tragen eine immense Belastung. Häufig müssen sie die Arbeit von ausgefallenen Kollegen übernehmen und unterrichten deutlich mehr Stunden als vorgesehen. Diese Mehrarbeit geht nicht selten auf Kosten ihrer Gesundheit. Burnout und krankheitsbedingte Ausfälle häufen sich, was den Teufelskreis des Lehrermangels weiter befeuert. Der Deutsche Lehrerverband warnt schon länger vor einer Überlastung der Lehrkräfte, die sich spürbar auf die Unterrichtsqualität auswirkt.


Eine kurzfristige Lösung soll der Quereinstieg bieten

Einzelne Bundesländer versuchen, über die Schiene des Quereinstiegs die Lücken des Lehrermangels zu schließen. Im Jahr 2021 war bereits jede zehnte neu eingestellte Lehrkraft ein Quereinsteiger. Diese bringen oft Fachwissen aus anderen Berufsfeldern mit, haben jedoch meist keine pädagogische Ausbildung. Der Vorteil liegt in der schnellen Verfügbarkeit dieser Kräfte, insbesondere in naturwissenschaftlichen Fächern, in denen der Mangel besonders groß ist. Doch viele der neuen Lehrkräfte sind nur unzureichend auf den Schulalltag vorbereitet, da sie neben dem Unterricht ihre pädagogische Qualifikation erst nachholen müssen. Die Folge ist eine hohe Abbruchquote. Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt fast jeder fünfte Quereinsteiger den Beruf innerhalb von fünf Jahren wieder auf.


Das grundlegende Problem des Lehrermangels bleibt bestehen. Langfristig droht ein weiterer Qualitätsverlust in der Bildung, wenn keine umfassenden Reformen eingeleitet werden. Das Risiko besteht darin, dass Deutschland im internationalen Vergleich zurückfällt, wenn das Bildungsniveau durch chronischen Lehrermangel sinkt. Besonders alarmierend ist die zunehmende soziale Ungleichheit: In ländlichen oder strukturschwachen Regionen, in denen der Lehrermangel am stärksten zu spüren ist, verschlechtert sich die Bildungsqualität überproportional. Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben so noch geringere Chancen auf eine gute Bildung.


Was muss geschehen, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken?

Ein entscheidender Punkt ist, den Lehrerberuf wieder attraktiver zu machen. Dazu gehört eine angemessene Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und vor allem eine stärkere Unterstützung im Schulalltag. Dies könnte durch die Einstellung zusätzlicher Fachkräfte, wie Schulsozialarbeiter oder pädagogische Assistenten, geschehen, die Lehrer bei ihrer Arbeit entlasten.


Der Quereinstieg, der kurzfristig eine Lösung sein kann, muss professioneller gestaltet werden. Quereinsteiger sollten intensiver auf den Unterrichtsalltag vorbereitet werden, um die hohe Abbruchquote zu senken. Dies bedeutet längere und praxisnähere pädagogische Qualifikationen, die parallel zum Beruf stattfinden. Gleichzeitig muss die reguläre Lehrerausbildung reformiert werden. Es braucht flexiblere Modelle, die schneller auf den Bedarf reagieren können. Denkbar wäre zum Beispiel, den Einstieg in den Lehrerberuf nach einem Bachelor-Abschluss zu ermöglichen oder duale Ausbildungsmodelle einzuführen, bei denen Theorie und Praxis enger verzahnt sind.

Auch digitale Lösungen könnten einen Beitrag zur Entlastung des Systems leisten. Die Nutzung von Online-Lernplattformen und digitalen Tools kann den Lehrern helfen, ihre Arbeit effizienter zu gestalten und den Unterricht an die individuellen Bedürfnisse der Schüler anzupassen. Hierbei müsste die Infrastruktur an den Schulen jedoch deutlich verbessert werden.


Es ist klar: Der Lehrermangel in Deutschland ist nicht nur ein kurzfristiges Problem, sondern eine strukturelle Krise, die langfristige und umfassende Lösungen erfordert. Investitionen in die Ausbildung von Lehrern, eine bessere Unterstützung im Schulalltag und attraktivere Arbeitsbedingungen sind unverzichtbar, um den Bildungsstandard in Deutschland zu sichern. Gelingt dies nicht, drohen gravierende Folgen – sowohl für die Kinder und Jugendlichen, die unter einer mangelnden Bildung leiden, als auch für die gesamte Gesellschaft, die die Auswirkungen von Bildungsungleichheit und einem sinkenden Bildungsniveau zu spüren bekommen wird.


Ein Beitrag von Kübra Layik: BFA-Bildungsreferentin und Pressebeauftragte

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