top of page


DSC04307

DSC04844

1/5

für DIE wISSENSCHAFT
Nach dem Grußwort von Prof. Dr. Achim Landwehr in seiner Funktion als Dekan der philosophischen Fakultät, in dem er sich ausdrücklich bei den Organisatoren, Amine El Maleq und Tim Willmann, für Konzeption und Realisierung der Tagung bedankte, übernahm Frau Prof. Dr. Henriette Herwig (Düsseldorf, Germanistik II, Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft) die Exposition der ersten Sektion.
Sektion I – Literaturhistorische Exposition: Als Keynote Speakerin sensibilisierte Henriette Herwig mit ihrem Vortrag „Senizid in Literatur und Film“ für die Alter(n)sforschung in den Geisteswissenschaften an der HHU anhand literaturhistorischer Beispiele und filmischer Umsetzungen. Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Birnbacher konnte mit seinem medizinethischen Abendvortrag („Das neue Gesicht des Todes. Vom Widerfahrnis zur Selbstbestimmung“) eine thematische Verklammerung entwickeln und somit auf das Maß menschlicher Selbstbestimmung und die individuelle Gestaltbarkeit des Todes, durch kurative und palliative Behandlung etwa, eingehen.
Prof. Dr. Marco Lehmann-Waffenschmidt (Dresden) konnte mit seinem Vortrag („Wirtschaftswachstum, Geld und Glück. Das Psychogramm des modernen homo infinitus in Goethes Faust) eine Brückenfunktion zwischen erster und zweiter Sektion einnehmen. Der Vortrag vermittelte eine wirtschaftswissenschaftliche Deutung der Faustfigur mit literaturhistorischem Anspruch zu Ideen unbegrenzten Lebens.
Sektion II – Digitalisierung und Datenökonomie: Prof. Dr. Andreas Wagener (Hof) stellte mit seinem Vortrag („Künstliche Intelligenz und Datenökonomie – befinden wir uns auf dem Weg zur Cyborg-Gesellschaft?“) als Keynote Speaker der zweiten Sektion die Potenziale und Grenzen von Daten, Algorithmen – und damit auch von Künstlicher Intelligenz – im Bereich von Marketing und Arbeitswelt dar. Andreas Wagener schuf somit eine Basis für die folgenden Vorträge der Sektion II: Prof. Dr. Tobias Matzner (Paderborn) problematisierte mit seinem Vortrag („Tod und Töten als Differenzen zwischen Menschen und künstlichen Intelligenzen“) die ethischen Konsequenzen eines Tötungsrechts künstlicher Intelligenzen (Selbstfahrende Autos, automatisierte Waffensysteme) und kritisierte dies als Installation einer weiteren Differenz zwischen Mensch und KI.
Zusammen mit Ihrem Mann stellte PD Dr. Christina Klüver die Ergebnisse ihrer Forschungsgruppe Computer Based Analysis of Social Complexity vor und versuchte in ihrem Vortrag ("Ewiges Leben durch künstliche Intelligenz und künstliche Gesellschaften") der Frage nach ewigem Leben durch Künstliche Gesellschaften nachzugehen. Zahlreiche Experimente mit dem SCCA (Socio-cultural-cognitive algorithm) haben gezeigt, dass grundlegende Mechanismen sozio-kultureller Evolution auf der Basis individueller Lern- und Entwicklungsprozesse modelliert und in einem präzisen Sinne abgebildet und verstanden werden können.
Nachwuchsforscherin Laura Hartmann-Wackers, M.A. hat in Ihrem Vortrag „Ins Netz gegangen – Privatheit post mortem im Internet“ gefragt, wie es sich mit der Privatsphäre verstorbener Personen online verhält.
Ausgehend von einer Privatheitsheorie des eingeschränkten Zugangs wurde der Frage nachgegangen, ob und inwiefern es moralisch zulässig sein könne, Angehörigen den Zugang zu Profilen zu erlauben und so Daten zugänglich zu machen, die im Leben niemals geteilt worden wären.
Ist Privatheit ein Konzept, das nur den Lebenden gilt oder betrifft es auch die Toten?
Die Sektion III – Menschliche und Künstliche Intelligenz – Grenzen, Übergänge und Dimensionen der Ich-Erweiterung: Dr. David Tobinski (Duisburg-Essen) eröffnete mit einem Vortrag aus dem Bereich der Psychologie („Kognitive Architekturen – Menschliche oder Künstliche Intelligenz?“) die dritte Sektion. Herr Tobinski befasste sich in seinem Vortrag mit der Stellung und Funktion menschlicher Symbolverarbeitung, deren Dynamik er durch kurze interaktive Experimente mit dem Plenum veranschaulichte.
Als Direktor des Labors für Kognitive Neurowissenschaften an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) ist Prof. Dr. Olaf Blanke (Genf) auf das körperliche Ich-Bewusstsein in Extremsituationen des nahenden Todes eingegangen ("Körperliches Ich-Bewusstsein und Todeserfahrung: Neurowissenschaften, Virtuelle Realität und Robotik"). Das subjektive Gefühl der Präsenz eines Dritten beschrieb Blanke als sogenannte Phantom-Körper-Wahrnehmung und veranschaulichte seine Überlegungen anhand von Robotikexperimenten (Dissonanz-Experiment).
Der Vortrag von Dr. Marcus Knaup (Hagen) ("Todischer ewiges Leben? Philosophische Anmerkungen zum Mind Uploading") diskutierte die Annahme eines Mind Uploading und dessen infrage stehender Potenziale für die Zukunft. Hierbei aktualisierte er das sogenannte "Leib-Seele-Problem" in der Philosophie in der Gegenüberstellung von "Mind and Brain", um die latenten Grundüberzeugungen und anthropologischen Prämissen, die mit einem Mind Uploading impliziert werden, zu sondieren. Der Mensch sei in seiner Leiblichkeit weder ein Auslaufmodell, noch sein lebendig-leibhafter Bezug zur Umwelt auf Codes reduzierbar.

























Am 15. und 16. November 2019 fand an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf eine interdisziplinäre Tagung zu Fragen von Existenz, Sterben und Selbstbestimmung unter dem Vorzeichen aktueller technologischer Entwicklungen in Medizin, Informatik und Kognitionswissenschaften statt.
Die Tagung erreichte ein großes Publikum von über 120 Interessierten mit Vertreter/-innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Studierendenschaft, Öffentlichkeit und Presse. Gemäß der Ankündigung zeichnete sich die Tagung durch ihre inhaltliche Breite aus und gliederte sich in vier aufeinander folgende Sektionen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten.
Sektion IV – Salto mortale in die Zukunft: Prof. Dr. Klaus Hermann Sames (Hamburg) ("Sichere Konservierung von Organen durch kryogene Kühlung, eine Zukunftschance nicht nur der Medizin") stellte die Möglichkeiten der Human-Kryokonservierung (auch Kryonik) vor, die biologische Objekte bei Temperaturen unter - 130° C in Kryostase versetzt, um sie für nahezu beliebige Zeit in lebensfähigem Zustand zu erhalten – so Sames' These. Als Anatom und Gerontologe formuliert Sames die Aussicht auf neue medizintechnische Verfahren in der Reanimation sowie der Organkonservierung- und Transplantation. Sames spitzt seine These provokant zu: Leben lasse sich in Zukunft an- und ausschalten.
Die Diversität der Vorträge zeigte die Komplexität und Aktualität fächerspezifischer Zugriffe auf die Trias von Existenz, Sterben und Selbstbestimmung und bietet auch künftig Raum für weitere Tagungsprojekte eben dieser Art.
bottom of page