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Wählen mit 16: Generationen-gerechtigkeit oder Manipulationsgefahr?

Aktualisiert: 18. Nov.

Am 9. Juni 2024 war es soweit: Zum ersten Mal durften in Deutschland auch 16-Jährige an den Europawahlen teilnehmen. Doch die Frage, ob dieses Wahlrecht künftig auch für die Bundestagswahlen gelten sollte, bleibt weiterhin umstritten.


Während Jugendliche in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bereits auf kommunaler Ebene wählen dürfen, ist dies in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein auch auf Landesebene möglich. Die Bundestagswahlen jedoch sind in allen Bundesländern weiterhin ab 18 Jahren festgelegt.


Ist ein Wahlrecht ab 16 sinnvoll?

Laut Artikel 38 Absatz 2 des Grundgesetzes ist derzeit nur wahlberechtigt, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Debatte darüber, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, wird jedoch immer lauter. Eine solche Änderung würde eine Verfassungsänderung erfordern, wofür es eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag bräuchte – ein potenzielles Hindernis. Bereits 1970 wurde das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt, um die Demokratie zu stärken. Ähnliche Reformen könnten heute notwendig sein, um die Demokratie angesichts der hohen Zahl an Nichtwählern zu schützen und die Generationengerechtigkeit zu fördern. Schließlich ist die deutsche Bevölkerung stark überaltert.


Die Jugend – Gestalter der Zukunft

"Jüngere Menschen sollten mehr Einfluss auf politische Entscheidungen erhalten, da sie am längsten mit deren Folgen leben müssen", so BFA-Mitarbeiterin Zeynep Akgül. Ein prägnantes Beispiel dafür ist der Klimawandel, dessen Auswirkungen sich zunehmend verschärfen. Jugendliche werden zudem immer früher selbstständig und streben danach, politisch aktiv zu werden. Bewegungen wie „Fridays for Future“ und „Black Lives Matter“, die maßgeblich von der Generation Z getragen werden, zeigen, dass junge Menschen durchaus politisches Engagement und Veränderungswillen beweisen.


Gleichzeitig wird jedoch argumentiert, dass Jugendlichen die nötige Lebenserfahrung fehlen könnte, um die Konsequenzen ihrer Entscheidungen vollständig zu überblicken. Mit dem Wahlrecht geht eine große Verantwortung einher, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte.


Vergleich zu älteren Wählern: Kaum Unterschiede

Untersuchungen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg im Jahr 2019 sowie die Jugendwahlstudie von 2021 zeigten, dass 16- und 17-Jährige beim politischen Wissen und Interesse ähnlich gut abschneiden wie 18- und 19-Jährige. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Jugendliche ab 16 Jahren über die gleichen Fähigkeiten verfügen wie etwas ältere Wähler und daher ebenso gut in der Lage sind, verantwortungsvoll an Wahlen teilzunehmen.


Gefahr der Manipulation?

Kritiker warnen jedoch, dass jüngere Menschen leichter beeinflussbar seien. Parteien könnten versuchen, diese Eigenschaft auszunutzen, um durch emotionale Appelle junge Wähler für sich zu gewinnen. Nicht umsonst wird in Deutschland die Volljährigkeit mit 18 Jahren festgelegt – ab diesem Alter darf man eigenverantwortlich Verträge unterzeichnen und ist strafrechtlich voll verantwortlich. Ein Wahlrecht ab 16 würde jedoch bedeuten, dass Minderjährige über die Zukunft Deutschlands mitentscheiden, obwohl ihnen möglicherweise wichtige Informationen fehlen.


Positiver Effekt auf politisches Interesse?

Ein Blick nach Österreich, wo das Wahlrecht ab 16 bereits seit 2007 gilt, zeigt, dass dies das politische Interesse Jugendlicher erheblich steigern kann. Dort stieg das Interesse bei unter 18-Jährigen von 31 % im Jahr 2004 auf 62 % im Jahr 2008. "Wenn es in Österreich funktioniert, warum dann nicht auch in Deutschland?". Eine Senkung des Wahlalters könnte das politische Bewusstsein junger Menschen fördern und ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung ihrer Stimme schaffen.


Jede Stimme zählt

Angesichts einer rückläufigen Wahlbeteiligung könnte die Einbeziehung jüngerer Wähler die Demokratie in Deutschland stärken. Bei der Bundestagswahl 2021 lag die Wahlbeteiligung bei 76,4 % – das bedeutet, dass 24,6 % der Wahlberechtigten nicht zur Wahl gingen und somit ein Viertel der Stimmen ungehört blieb. Um die Demokratie in Deutschland langfristig zu sichern, ist es entscheidend, dass möglichst viele Menschen ihr Stimmrecht wahrnehmen.


Die Diskussion über das Wahlrecht ab 16 bleibt weiterhin kontrovers. Ob sich Deutschland für diesen Schritt entscheidet, wird die Zukunft zeigen. Klar ist jedoch, dass jede Stimme zählt – ob jung oder alt.


Ein Beitrag von Zeynep Akgül - BFA-Mitarbeiterin

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