Bildungsforscher fordern mehr Leistungsdenken in den Schulen
Eva Eichmann, BR 24
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Die Kompetenzen deutscher Schülerinnen und Schüler sind in den letzten Jahren stark gesunken. Bildungsforscher fordern deshalb mehr Verbindlichkeit von allen Akteuren. Dazu gehört auch, mehr Leistung von den Kindern und Jugendlichen zu fordern.
Lesen, Schreiben, Rechnen - die Leistungen der deutschen Schülerinnen und Schüler sinken deutlich. Der Aktionsrat Bildung fordert deshalb mehr Verbindlichkeit im gesamten Bildungsbereich. Jedem einzelnen Akteur müsse klar sein, welche Pflichten er zu erfüllen habe und wann welche Anstrengungen erforderlich seien, heißt es im aktuellen Jahresgutachten. Dieses Gutachten erstellt der Aktionsrat Bildung einmal pro Jahr im Auftrag der bayerischen Wirtschaft.
Vergleich zwischen den Bundesländern
Konkret fordern die Wissenschaftler, dass der PISA-Bundesländervergleich wieder eingeführt wird. Seit einigen Jahren gibt es nur die PISA-Studie mit bundesweiten Ergebnissen, die Einzelresultate der Länder liegen nicht mehr vor.
"Wir brauchen wieder mehr Vergleichbarkeit", sagt Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik. Das bayerische Bildungssystem gehöre zu den zwei, drei besten in Deutschland. "Aber auch hier sehen wir, dass das Leistungsniveau deutlich nach unten gegangen ist." Wichtig sei zu sehen, wo was gut laufe.
Erklären, was wann gelernt werden muss und flexible Lernphasen
Die Wissenschaftler nehmen auch die Eltern in die Verantwortung. Viele Eltern würden ihren Kindern nicht mehr vermitteln, "welche Pflichten oder Erwartungen sie zu erfüllen haben, während gleichzeitig ihre Überzeugung gestärkt wird, dass sie eigene Bedürfnisse erkennen und diesen folgen sollen". Die Forderung der Wissenschaftler: "Fordern Sie von Ihren Kindern Leistung - aber bitte: verbindlich."
Die Forscher sehen zwei weitere Punkte, die die Leistungsbereitschaft junger Menschen schmälern könnten: die Durchlässigkeit des Bildungssystems und der Fachkräftemangel. Wer wisse, dass der Bildungsweg sowieso korrigierbar sei, fühle sich nicht zu Höchstleistungen verpflichtet. Die "psychologischen Verbindlichkeiten nehmen ab". Christoph Prechtl, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft warf in der Diskussion die Frage auf, ob der Fachkräftemangel und die "Gewissheit, dass wir jeden nehmen müssen" die Motivation der Jugendlichen fördere.
Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) sieht die bayerische Bildungspolitik durch das Gutachten bestätigt: "Wir werden diesen Weg weitergehen. Einerseits verbindliche Vorgaben, beispielsweise in den Lehrplänen. Da wollen wir klarmachen, was ist Pflicht, was ist Kür." Andererseits will Stolz noch mehr datengestützt arbeiten, mehr auf Diagnostik setzen.
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