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Wie kann Schule gewaltfrei werden? Zwei Schulen erproben neues Konzept

von LokalPuls ​

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Mit dem neuen Projekt „miteinander.stark.sicher – gemeinsam für eine gewaltfreie Schule“ wollen das NRW-Innenministerium und das Schulministerium Gewalt an Schulen nachhaltig vorbeugen. Am Mittwoch, 23. September, stellten Innenminister Herbert Reul und Schulministerin Dorothee Feller das Konzept vor, das an zwei Schulen im Kreis Olpe erprobt wird. Ziel ist es, Schüler, Lehrkräfte und Polizei enger miteinander zu vernetzen, um Konflikte frühzeitig zu erkennen, Eskalationen zu verhindern und das Sicherheitsgefühl an Schulen zu stärken.

 

Gewalt an Schulen: Zahlen bleiben trotz Rückgang besorgniserregend

Laut der Kriminalstatistik der Kreispolizeibehörde Olpe wurden 2024 im schulischen Umfeld 55 Straftaten registriert, davon 24 Gewaltdelikte. Das ist zwar ein Tiefstand im Vergleich zu den Vorjahren, zeigt jedoch, dass Schulen auch im Kreis Olpe noch nicht vollständig gewaltfrei sind.

 

Genau hier setzt das neue Präventionskonzept an: Gewalt soll gar nicht erst entstehen – durch gezielte Trainings, Gespräche und Präsenz im Schulalltag.

 

Drei Säulen für mehr Sicherheiten

Das Projekt beruht auf drei Bausteinen:

  1. Schulpersonal erhält Deeskalationstrainings, Beratung und Unterstützung beim Umgang mit Gewalt sowie in der Nachsorge.

  2. Schülerinnen und Schüler nehmen an Unterrichtseinheiten zu Respekt, sozialer Kompetenz und Konfliktbewältigung teil.

  3. Polizeiliche Schulhofgespräche sollen den direkten Austausch zwischen Jugendlichen und Polizei fördern – ohne Kontrollcharakter, dafür mit Dialog auf Augenhöhe.

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Die Polizei soll nicht als Autorität auftreten, sondern als Ansprechpartner, der Vertrauen schafft und Nähe ermöglicht. 

 

Polizei und Schulen im engen Austausch

Im Mittelpunkt steht die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Polizei. Polizeibeamte sollen Unterrichtseinheiten zu respektvollem Verhalten leiten und auf den Pausenhöfen präsent sein. Laut dem NRW-Innenministerium soll das Konzept helfen, Barrieren abzubauen und Konflikte frühzeitig im Gespräch zu lösen. 

 

Zwei Schulen machen mit 

Die Bigge-Lenne-Gesamtschule (BLG) in Finnentrop sieht das Projekt als Chance, ihre bestehende Präventionsarbeit zu vertiefen. Schulleiter Thorsten Vietor erklärt, Gewaltprävention beginne dort bereits ab Klasse 5. In Klasse 7 werde zudem Sozialkompetenztraining angeboten, bei dem Kinder lernen, Konflikte zu lösen und Grenzen zu erkennen. Ergänzend gebe es naturverbundene Projekte und Beratungsangebote in geschützten Räumen. 

 

Auch die Hanseschule Attendorn ist Teil des Modellprojekts. Schulleiterin Regina Fischer betont, Prävention sei dort schon lange fester Bestandteil des Schulalltags. Projektwochen zu Rassismus, Mobbing oder Sucht, Unterrichtseinheiten wie „Lions Quest“ und Teambildungstage gehörten zum festen Repertoire. „Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler auf Gefahren im Alltag vorbereiten und ihnen zeigen, wie wichtig es ist, in schwierigen Situationen ‚Nein‘ zu sagen“, so Fischer.

 

Mehr Sicherheit durch Vertrauen 

In beiden Schulen sollen Schüler künftig mit Polizeibeamten ins Gespräch kommen – besonders in Klasse 7, da Jugendliche ab 14 Jahren strafrechtlich verantwortlich sind. Lehrkräfte erhalten zudem Fortbildungen zur Deeskalation. Die Präsenz der Polizei auf dem Schulhof soll dabei nicht abschrecken, sondern Nähe und Vertrauen schaffen. 

 

Kritik: Polizei in der Schule – Sicherheit oder Kontrolle? 

Trotz der positiven Resonanz gibt es auch kritische Stimmen. Einige Pädagoginnen und Experten warnen, dass Polizeipräsenz an Schulen nicht nur Sicherheit, sondern auch Überwachung signalisieren kann. Vor allem Schüler aus benachteiligten oder marginalisierten Gruppen könnten sich durch häufige Polizeikontakte beobachtet oder stigmatisiert fühlen. Das Risiko unbeabsichtigter Diskriminierung sei nicht zu unterschätzen. 

 

Darüber hinaus verweisen Kritiker auf strukturelle Probleme: Prävention könne nur wirken, wenn Schulen ausreichend Personal, Zeit und Unterstützung hätten. Hohe Klassengrößen, Lehrkräftemangel und Leistungsdruck erschwerten es, präventive Konzepte dauerhaft umzusetzen. 

 

Damit das Projekt langfristig erfolgreich ist, müsse es flexibel an die jeweilige Schulsituation angepasst und regelmäßig evaluiert werden. Schüler und Lehrkräfte sollten aktiv in die Planung eingebunden sein, um sicherzustellen, dass Prävention tatsächlich auf Augenhöhe stattfindet 

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Ausblick: Gewaltfrei durch Gemeinschaft 

Das Projekt „miteinander.stark.sicher“ soll zeigen, dass Gewaltprävention in Schulen nur funktioniert, wenn alle Beteiligten – Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Polizei – gemeinsam Verantwortung übernehmen. Es ist ein Schritt hin zu mehr Dialog, gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Ob sich das Konzept langfristig bewährt, wird sich erst zeigen. Klar ist jedoch schon jetzt: Gewaltfreiheit in der Schule entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Beziehung, Kommunikation und gelebte Gemeinschaft.

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