„Gerade in Nordrhein-Westfalen wird das Geld vorne und hinten nicht reichen“
Von Sina Zehrfeld, Rheinische Post
Die Ipads werden alt, für mehr Smartboards in den Klassen fehlt das Geld: Städte und Gemeinden in NRW gehen davon aus, dass sie den Standard bei der digitalen Ausstattung von Schulen nicht aufrechterhalten können. Von Verbesserungen wäre schon gar keine Rede mehr. Grund ist die – noch unverbindliche – Einigung auf einen neuen Digitalpakt 2.0 für die Schulen, die Bund und Länder zum Jahresende miteinander getroffen haben.
„Ich habe große Zweifel, dass wir damit die Herausforderungen bewältigen können, die vor uns liegen“, sagte Claus Hamacher, Beigeordneter des Städte- und Gemeindebunds NRW. Sollte der Bund an der Vereinbarung festhalten – wozu für eine neue Bundesregierung keine Verpflichtung besteht –, werde es für den Ausbau der technischen Möglichkeiten an Schulen nicht einmal mehr halb so viel Geld geben wie in den Jahren zuvor. „Die Finanzierungsaufgaben sind aber nicht geringer geworden, sie werden größer. Wir brauchen Ersatzbeschaffungen für Geräte, die wir vor Jahren gekauft haben, und mit dem Ausbau unserer Systeme steigt der administrative Aufwand“, so Hamacher.
Das zähe Ringen ums Geld
Mit dem ersten Digitalpakt haben viele Schulen sich mit elektronischen Tafeln, Tablets oder Breitbandanschlüssen ausstatten können. Dafür gab es von 2019 bis 2024 noch rund 6,5 Milliarden Euro vom Bund, zusammen mit Landesmitteln kam man auf über sieben Milliarden Euro. Um die Fortsetzung des Paktes rangen die Kultusminister der Bundesländer so zäh wie erfolglos mit Ex-Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Nach dem Bruch der Berliner Ampel-Koalition löste sich im Dezember der Knoten unter dem grünen Interims-Nachfolger Cem Özdemir. Nun will der Bund über einen Zeitraum von sechs Jahren 2,5 Milliarden Euro bereitstellen.
Die Länder legen noch mal 2,5 Milliarden Euro dazu. Aber etwa zwei Milliarden davon dürfen sie abgelten, indem sie ohnehin vorgesehene Maßnahmen darauf anrechnen. An frischem Geld für die Digitalisierung gibt es somit nur insgesamt rund drei Milliarden Euro.
Erstmal „auf weiterführende Schulen konzentrieren“?
„Wir kommen nicht umhin, Ressourcen zu konzentrieren“, schlussfolgerte Claus Hamacher und schlug vor, in NRW Prioritäten zu setzen. „Es bestehen auch in der Wissenschaft gewisse Zweifel, ob es sinnvoll ist, Sechsjährige vor ein Ipad zu setzen“, deutete er an. Man solle die Frage stellen, „ob wir uns nicht erstmal auf weiterführende Schulen konzentrieren“. Außerdem sollten Bund und Länder zumindest die bisherigen Zusagen sofort mit einer Verwaltungsvereinbarung festzurren, damit sich nicht alles verzögere, wenn sich eine neue Bundesregierung sortieren muss: „Wenn das bis zur Neuwahl nicht gelingt, dann passiert bis zum Sommer nichts mehr“, sagte er voraus.
Der Lehrerverband NRW hingegen fordert, dass der Bund seinen Anteil verdoppelt. Noch immer fehle es vielen NRW-Schulen an einer Grundausstattung. Wolle man darüber hinaus „Geld in Medienbildung investieren, die dringend notwendig ist, und die Fortbildung von Lehrkräften vorantreiben, die wir auch unbedingt brauchen, dann brauchen wir dringend die Größenordnung von fünf Milliarden Euro“, so Verbandspräsident Andreas Bartsch. „Wenn der Bund es wirklich ernst meint mit der Bildung – und das behaupten ja alle Parteien –, dann muss er dieses Geld in die Hand nehmen.“
„Geld wird vorne und hinten nicht reichen“
Elternverbände befürchten wachsende Ungerechtigkeiten. Ärmere Städte würden es sich niemals leisten können, die Finanzierungslücken zu schließen. Und vor allem dort würden Eltern mehr Kosten tragen müssen, etwa für Computer oder Programme. „Gerade in Nordrhein-Westfalen wird das Geld vorne und hinten nicht reichen“, befand Harald Amelang von der Landeselternschaft der integrierten Schulen.
Das Schulministerium von Dorothee Feller (CDU) äußerte sich nicht dazu, ob und für welche Zwecke die neuen Digitalpaktmittel reichen können, wo auf keinen Fall Abstriche gemacht werden sollen oder bis wann man nun auf eine Umsetzung hofft. Das Signal aus dem Ministerium: Man wartet ab, wie es überhaupt weitergeht. „Eine verbindliche rechtliche Regelung wird die neue Bundesregierung beschließen müssen“, erklärte ein Sprecher.