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Schon wie Eltern Dreijährige behandeln, kann „lebenslang schlechte Leistungen“ auslösen

Von  Felicitas Breschendorf, FrankfurterRundschau 

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Ohne emotionale Kompetenzen schreiben Kinder schlechte Noten. Aber auch für das spätere Leben kann es „weitreichende Folgen“ haben. 

 

Deutschland diskutiert viel darüber, wie schlecht seine Schülerinnen und Schüler sind: Vergangene Pisa-Studien zeigten Versagen vor allem in Mathematik und Lesekompetenz. Lösungsansätze könnte die Studie „OECD’s Survey on Social and Emotional Skills (SSES)“ bieten. Sie schaut nicht nur auf die Noten der Schülerinnen und Schüler, sondern auch auf ihre emotionale Intelligenz. 

 

Studie: Emotionale Kompetenzen und gute schulische Leistungen hängen zusammen

Ergebnisse der Studie zeigen: Kinder mit guten emotionalen Kompetenzen haben im Schnitt bessere Noten, als Kinder, die in dem Bereich weniger gut ausgestattet sind. Denn zu emotionalen Kompetenzen gehören auch jene, die wir brauchen, um Aufgaben zu bewältigen: Leistungsbereitschaft, Ausdauer, Eigenverantwortung, sowie Selbstkontrolle. Auch Neugierde gehört zu den emotionalen Kompetenzen, die Kinder leistungsfähiger machen, zeigt die Studie. 

„Ganz oft wird das als Gegensatz gesehen, akademische und emotionale Leistungen, aber eigentlich sind es zwei Seiten einer Medaille“, sagt Hannah Ulferts am 28. Mai bei einer Pressekonferenz der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) in Berlin. Sie ist Erziehungswissenschaftlerin und arbeitete als politische Analystin an der OECD-Studie mit. 

 

Das passiert, wenn Kindern Empathie und Durchsetzungskraft fehlt

Schulische Leistungen sind erst der Anfang: Wenn Kinder keine emotionalen Kompetenzen lernen, kann das „weitreichende Folgen“ haben, sagt Ulferts auf Nachfrage von BuzzFeed News Deutschland, von IPPEN.MEDIA. Als Erwachsene könnten sie „ein Leben lang schlechte Leistungen, auch im Job“ haben. Allein im Bewerbungsgespräch sei es notwendig, Durchsetzungskraft, Überzeugungsfähigkeit und Empathie zu besitzen. „Ich muss verstehen: Was will denn der andere jetzt? Wie kann ich meine Meinung vertreten, um erfolgreich zu sein? Wie kann ich kooperieren?“

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Kinder mit diesen Fähigkeiten sorgen langfristig „für eine brummende Wirtschaft“, wie Ulferts es formuliert. Darüber hinaus stärke emotionale Kompetenz auch das „Fundament der Demokratie“. Die Erziehungswissenschaftlerin fordert, dass Schulen emotionale Kompetenzen unterrichten sollten. 

 

Lehrerverbandspräsident: Fachkräftemangel erschwert Unterstützung bei emotionalen Lernprozessen

„Schule ist bereits ein Lernfeld für emotionale Intelligenz“, teilt Stefan Düll, Lehrerverbandspräsident, BuzzFeed News Deutschland mit. „Kinder lernen in der Schule, sich in einer Gruppe zu bewegen, die Aufmerksamkeit zu teilen, Konflikte zu lösen, einander zu unterstützen und Erfolge zu gönnen.“

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Das passiere nicht nur im Unterricht, sondern vor und nach der Schule, sowie in der Pause. Lehrkräfte seien angehalten, diese täglichen Lernprozesse zu begleiten. „Damit das adäquat in den Klassen geschehen kann, braucht es ausreichend Lehrkräfte, sowie kleinere Klassen.“ Nicht nur der Fachkräftemangel unter Lehrkräften steht laut Düll einer emotionalen Lehre im Weg. Es fehlen ihm zufolge auch Schulsozialarbeitskräfte, Sonderpädagogikkräfte, sowie Schulpsychologiekräfte, die bei emotionalen Lernprozessen unterstützen könnten. 

 

Psychologe: Emotionale Kompetenzen sind „Erziehungsaufgabe der Eltern“

Weder Ulferts noch der Lehrerverbandspräsident halten ein eigenes Fach mit dem Namen „Emotionale Intelligenz“ für notwendig. Aus „praktischen Gründen“ sei das nicht machbar, so Düll. Vor allem zeitlich sei es nicht möglich, das Fach in den Unterricht zu integrieren. „Die Gesellschaft kann nicht alle Lernprozesse, die zur Entwicklung der Persönlichkeit beitragen, in die Schule verlagern. Grundlagen müssen in den Familien und in Kitas gelegt werden“, sagt Düll.  

 

Derselben Meinung ist auch der Psychologe Christian Ambach, der über Begabungen forscht. „Aus meiner Sicht sind emotionale Kompetenzen eher eine klassische Erziehungsaufgabe der Eltern“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. Schon ab dem dritten Lebensjahr sollten Kinder Fähigkeiten wie Frustrationstoleranz und Anstrengungsbereitschaft erlernen. „Wenn sie damit in der Schule erst anfangen, ist es ein wenig spät.“​​

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